
Steigeisen-Technik: Auf die Zacken, fertig, los!
Das Hochgebirge verändert sich. Eine der vielen Folgen: Wo das Eis noch nicht komplett abgeschmolzen ist, werden zu bewältigende Eispassagen steiler, viele Touren damit anspruchsvoller. Hochtouren werden zudem immer öfter in die Wintermonate verlagert, weshalb Firn- und Eispassagen nicht unbedingt weniger werden.

Die Ausbildung und das Training in einer der Kerndisziplinen des Bergsports werden daher weiterhin einen großen Stellenwert haben – wahrscheinlich werden sie sogar noch wichtiger. Die folgende Zusammenstellung möglicher Übungen und Spielformen beschränkt sich auf die sogenannte Grundschule des Steigeisengehens: die Anwendung der vertikal angeordneten Zacken eines Allround-Steigeisens in leichtem bis mittelschwerem Eisgelände.
Die Vertikalzackentechnik (VZT)
Grundmerkmale
- hüftbreite Beinstellung (Abb. 1)
- leichte V-Stellung der Füße: Zehenspitzen zeigen nach außen
- möglichst alle vertikalen Zacken werden eingesetzt
- deutlicher Belastungswechsel, um das Eindringen der Zacken zu verbessern
- angemessene Oberkörpervorlage zur Sicherung des Körperschwerpunktes über dem Standbein (v.a. bergab, vgl. Grundposition beim Skifahren)
- angemessene Schrittlänge, abhängig von der Geländeneigung (Spurwahl!)
- gleichmäßiges Gehtempo und gleichmäßiger Rhythmus zur ökonomischen Fortbewegung
Bewegungsformen
- Schräganstieg mit Übersetzen
- Schräganstieg mit Nachsetzen
- Abstieg in Falllinie
- Wende berg- und talwärts
Übungen und Spielformen
Die beschriebenen Übungen dienen der Verbesserung des Steigeisenkönnens. Dabei werden drei übergeordnete Ziele verfolgt:
- möglichst korrekte Ausführung der VZT
- möglichst ökonomische Umsetzung der VZT
- Aufbau von Erfahrung bezüglich des sinnvollen Einsatzgebietes und der Einsatzgrenzen der VZT












Demonstrieren und korrigieren
Der Blickwinkel der Teilnehmergruppe zum Demonstrierenden bzw. die eigene Position zur Beobachtung und Korrektur von Teilnehmenden ist essenziell für erfolgreiche Übungseinheiten. Gerade bei den Steigeisentechniken braucht es dazu sowohl den frontalen Anblick als auch eine seitliche Sichtweise im Profil. Idealerweise werden Demos für die jeweils zweite Sichtweise wiederholt (Abb. 11).

Beobachtung und Kontrolle der Übenden aus seitlicher Perspektive. Foto: Jörn Heller

Beobachtung und Kontrolle der Übenden aus frontaler Perspektive. Foto: Bernd Eberle
Beispielhafte Übungsfolge für Anfänger
Einführung und Training der Grundlagen der VZT
- Kontrolle Steigeisensitz, Helm, Handschuhe, kein Material am Gurt (Stolpergefahr durch Hängenbleiben mit Steigeisen)
- Freies Ausprobieren (Übung 1), Sammeln und Demonstration der Grundmerkmale
- Vertiefung: Bewegungserfahrung sammeln mittels Kontrast- und Gleichgewichtsübungen (Übungen 2 bis 5). Teilnehmende individuell korrigieren
- Training des Gehrhythmus, dynamisches Bewegen: etwas steileres Gelände, Rundlauf oder Parcours, Partnerübung (Übungen 5, 7)
- Übung zum Bewältigen größerer Distanzen (z. B. Überqueren von Gletscherspalten): Pickellauf oder Pickelspringen (Übung 6). Vorsicht vor Verletzungen, insbesondere durch weite, harte Sprünge und Drehbewegungen. Gruppendynamik und Ermüdung beachten
Ergänzende Übungen für Fortgeschrittene
Trainieren in anspruchsvollerem Gelände, Ausloten von Grenzen der VZT
- Boulderparcours in Absprunghöhe. Fix platzierte Pickel können dabei als Griffunterstützung dienen.
- Trainieren mit Seilsicherung im Toprope, v. a. auch ohne Pickel. Dabei das Einrichten der Umlenkungen geschickt mit Themen wie Eisschraube, Eissanduhr und Standplatzbau kombinieren.
- Trainieren in Kombination mit diversen Pickeltechniken (Seitstütz-, ·Kopfstütz-, Schaftzugtechniken)
- Auf einem größeren Rundkurs durch den Eisbruch, ggf. in forciertem Tempo, können flexible Technikwechsel geübt werden.
Generelle Tipps zur Sicherheit im Kursbetrieb
- Immer mit Handschuhen und möglichst mit Helm üben.
- Jegliches Material vom Gurt entfernen: Karabiner, Schlingen, Reepschnüre, Eisschrauben etc. stellen unnötige Stolperfallen mit Verletzungspotential dar.
- Im geneigten Gelände sollten sich generell keine Personen frei ·in Falllinie über- und untereinander bewegen. Sturzräume müssen frei von Hindernissen sein.
- Für Boulderübungen: Mit Steigeisen müssen die maximalen Absprunghöhen deutlich niedriger gewählt werden als beim klassischen Bouldern an Fels oder Plastik. Fußhöhen über einen Meter über dem Boden vermeiden. Drehbewegen bei Sprüngen sind besonders verletzungsanfällig.
- Ggf. frühzeitig auf Topropesicherung umstellen.
- Gelände: Steinschlagzonen meiden (auf frische Steine auf dem ·Eis achten) sowie schneebedeckte Zonen mit der Sonde auf Spalten hin untersuchen.