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Die geladenen Experten von den ersten "Alpinen Sicherheitsgesprächen 2018" des Bayerischen Kuratorium für alpine Sicherheit. ©Marco Kost|Die geladenen Experten von den ersten "Alpinen Sicherheitsgesprächen 2018" des Bayerischen Kuratorium für alpine Sicherheit. ©Marco Kost
30. Jun 2019 - 8 min Lesezeit

„Über Sicherheit muss man reden!“

Über die ersten alpinen Sicherheitsgespräche des bayerischen Kuratorium für alpine Sicherheit.

Zum Beginn der Hochtouren- und Klettersaison, haben wir eine Landingpage mit allen relevanten bergundsteigen-Beiträgen zum Thema „Gehen am kurzen Seil“ zusammengestellt.

Gefehlt hat eine Einleitung bzw. ein aktueller Kontext dazu und so hat es sich angeboten, als Aufhänger über die Ergebnisse der ersten „Alpinen Sicherheitsgespräche“ zu berichten, die am 18. Oktober 2018 im Bayerischen Staatsministerium des Inneren stattgefunden haben; denn einer der drei Themenschwerpunkte war das „Gehen am kurzen Seil“ bzw. die unterschiedlichen Empfehlungen dazu von den Bergführerverbänden und Alpenvereinen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Südtirol.

Im folgenden eine Zusammenverfassung dieser gelungenen Veranstaltung inkl. den Links zu den Zusammenfassungen der Vorträge (die auch auf der Homepage des Bayerischen Kuratorium für alpine Sicherheit https://www.alpinesicherheit.bayern  findet). 

Eine ausführlichere Replik zu den Vorträgen rund ums „Kurze Seil“ findet ihr auf unserer Landingpage zum „Gehen am kurzen Seil“.

Das Bayerische Kuratorium für alpine Sicherheit

Während das Österreichische Kuratorium für alpine Sicherheit bereits 1965 von Eduard Rabofsky gegründet wurde, entstand das bayerische Pendant „erst“ 2012. Bald nach dem Start wurde es gefühlsmässig ruhiger ums dieses neugegründete Bayerische Kuratorium für alpine Sicherheit, bis es im letzten Herbst mit einer sehr engagierten Veranstaltung, den „Alpinen Sicherheitsgesprächen“, aufhorchen liess – und gerade eben für den Oktober 2019 die ersten „Alpinen Rechtsgespräche“ angekündigt hat.

Wir haben bei Stefan Winter, dem zweiten Vorsitzenden, nachgefragt, was Aufgaben und Ziele des Kuratoriums sind.

Alpine Sicherheitsgespräche 2018

Das Besondere an dieser Veranstaltung war, dass 75 nationale und internationale Expertinnen eingeladen worden sind, um 15 Referentinnen zuzuhören und anschliessend die verschiedenen Themen zu diskutieren. Oder wie es Stefan Winter Ion seiner Begrüssung formulierte: “Die alpinen Sicherheitsgespräche stellen eine neue und exzellente Plattform für Fachverbände und Experten des Bergsports dar – auch über Bayern hinaus.”, sagte Stefan Winter, der zweite Vorsitzende des Kuratoriums in seiner Begrüßung.

Diese Themen waren vielfältig und unterteilten sich in drei Schwerpunkte. Eine Zusammenfassung aller Vorträge und tw. der Präsentationen gibt es auf der Homepage des Kuratoriums ; wir haben ihm Folgenden die Zusammenfassungen verlinkt:

Die geladenen Experten von den ersten „Alpinen Sicherheitsgesprächen 2018“ des Bayerischen Kuratorium für alpine Sicherheit. ©Marco Kost

#1 Mountainbiking

Die Vorträge:

Die (Diskussions-)Ergebnisse:

  • Mountainbiker sind meistens gut ausgerüstet, bei unterschiedlichem Können und individueller Praxiserfahrung werden einzelne Situationen aber oftmals fehleingeschätzt.
  • Die Unfallzahlen für E-Mountainbikes steigen nicht im selben Maße an, wie deren starke Verbreitung es vermuten ließe.
  • MTB-Guides führen Gruppen souveräner und können mehr Ressourcen für den Mehrwert einer Tour freisetzen, je besser vorbereitet sie sind. Dafür setzen der Deutsche Alpenverein und andere ausbildende Verbände in ihrer MTB-Ausbildung auf ein spezielles Risikomodell und schult gezielt die Tourenplanung.
  • Die aktuellen und „trendigen“ Ausprägungen des MTB-Sports bewegen sich in Bayern vielfach außerhalb der rechtlichen Grenzen des Betretungsrechts und weisen damit neben dem gesellschaftlichen auch ein hohes rechtliches Konfliktpotential auf. Kommt es zu keinen tragfähigen Lösungen, sind „ordnungsrechtliche“ Maßnahmen zu erwarten.
  • Das E-Mountainbiking erhöht den Nutzungsdruck auf die alpinen Räume zusätzlich. Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz fördert deshalb das DAV- Lenkungsprojekt „Bergsport Mountainbike – Nachhaltig in die Zukunft“ und dient somit auch der Umsetzung der Bayerischen Alpenstrategie (Erhalt und Weiterentwicklung der Region, Angebote für einen nachhaltigen, klima- und naturverträglichen Tourismus).
  • Verkehrsrechtlich ist ein Mountainbiker/Radfahrer ein Fahrzeugführer oder gar ein Kraftfahrzeugführer (spezielle Varianten des E-Bikes). Es kommen die entsprechenden Verhaltensvorschriften zur Anwendung. Dies muss den Bergsport- Verbänden und Endverbrauchern stärker bewusst gemacht werden.

#2 Gehen am kurzen Seil: unterschiedliche Ansätze (national/international, Profit-/Non-Profit-Bereich)

Die Vorträge:

Die (Diskussions-)Ergebnisse:

  • Auf Hochtouren muss ständig die Sicherungstechnik angepasst werden: am halblangen Seil gemeinsam gesichert am Grat gehen, Sichern in Kurzseillängen über Eisaufschwünge, gemeinsamer gleichzeitiger Seiltransport, in Gletscherseilschaft gehen usw. Das kann sich im Minutentakt ändern oder eine Technik kann sich schon mal während 30 Minuten durchziehen.
  • Besonders anspruchsvoll ist das gleichzeitige Gehen am „kurzen Seil“ („scharfem Seil“) mit einem oder zwei Geführten, was meist nur von staatl. gepr. Berg- und Skiführern gemacht wird.
  • Ob auch Privatbergsteiger und Ehrenamtliche in Vereinen das „kurze Seil“ anwenden, wird in den Verbänden unterschiedlich gehandhabt: Im ÖAV und AVS wird das Thema in der Ausbildung kurz angesprochen, aber nicht komplett gelehrt. Im DAV gibt es erstmals eine Bewusstseinsmachung und Demonstration der Technik, jedoch nur für absolute Notsituationen. Im SAC wird das kurze Seil verwendet und gelehrt, und das von Beginn der Ausbildung an auf dem entsprechenden Niveau. 
  • Der Deutsche, Südtiroler und Österreichische Bergführerverband sieht das „kurze, scharfe Seil“ nicht für den Non-Profit- Bereich geeignet an, während der Schweizer Bergführerverband die Technik niemandem vorenthalten möchte.
  • Einig ist man sich darin, dass Bergsportlerinnen und Bergsportler für Hochtouren eine sehr gute Ausbildung benötigen – nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Klimawandels und seiner Auswirkungen auf die Gletscher

#3 Persönliche Schutzausrüstung: Gebrauch und Verleih von PSA 

Die Vorträge:

Die (Diskussions-)Ergebnisse:

  • Der DGUV Grundsatz 312-906 „Grundlagen zur Qualifizierung von Personen für die sachkundige Überprüfung und Beurteilung von persönlichen Absturzschutzausrüstungen“ ist eine Konkretisierung des Begriffs „Sachkundiger“ aus der DGUV-Regel 112-198 „Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz“. Diese DGUV-Regel wiederum konkretisiert die PSA-BV und die DGUV-Vorschrift 1.
  • Eine Erleichterung für die Sektionen des DAV oder ähnlicher Institutionen ist der Begriff der qualifizierten Person im Bereich des Bergsports. Diese Person kann die eigene PSA prüfen und ist somit Sachkundiger für die eigene PSA. Die Sektion muss also nicht – wie ein klassischer Arbeitgeber – einen Sachkundigen benennen, diesen ausbilden lassen und mit der Prüfung der PSA beauftragen. Der organisatorische Aufwand ist erheblich kleiner als in einem Unternehmen, welches die PSA den Beschäftigten zur Verfügung stellt.
  • Der DGUV G 312-906 gilt grundsätzlich nicht für den Verleih von PSA z.B. in Kletterhallen oder in DAV-Sektionen. Hier gilt unter anderem das Bürgerliche Gesetzbuch, insbesondere § 823 „Schadenersatzpflicht“. Hierzu bietet es sich beispielsweise an, dass eine Person aus der Sektion bzw. aus der Kletterhalle die Ausbildung gemäß DGUV G 312-906 absolviert. Anders sieht es aus, wenn Personen die PSA ausleihen, die an betrieblichen Veranstaltungen teilnehmen. Hier muss der Arbeitgeber gewährleisten, dass die ausgeliehene PSA regelmäßig geprüft wird. Dies kann dadurch geschehen, dass der Verleiher dies durch eine entsprechend qualifizierte Person gewährleistet.
  • Speziell Bergsportausrüstungen werden vom Anwender selten als PSA wahrgenommen, dementsprechend nachlässig ist häufig der Umgang mit der Ausrüstung.
  • Gäbe es mehr PSA-Sachkundige könnten mehr intakte Ausrüstungen länger im Einsatz verbleiben, mehr problematische Ausrüstungen würden rechtzeitig der Nutzung entzogen.
  • Die Hersteller arbeiten an Systemen, die die Identifikation, Überprüfung und Dokumentation in Zukunft vereinfachen wird.
  • Im DAV wird seit 2017 flächendeckend eine Ausbildung zum PSA-Sachkundigen angeboten.