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Timing, Taktik und Teamwork: neue Bestzeit für Salbit Trilogie. Foto: Diego Schläppi
20. Nov 2023 - 4 min Lesezeit

Schneller als Dani Arnold: Neue Bestzeit für die Salbit-Trilogie

Fünf Stunden und 53 Minuten für 70 Seillängen und über 1500 Klettermeter: Die Schweizer Yannick Glatthard und Simon Wahli stellen einen neuen Rekord für den West-, Süd- und Ostgrat am Salbitschijen auf.

Erst Ende Juni 2023 kletterte der Profialpinist Dani Arnold in neun Stunden und 36 Minuten in Rekordzeit alle drei Grate am Salbitschijen (2.985 m) im Kanton Uri. Anfang Oktober durchstiegen die beiden Schweizer Yannick Glatthard und Simon Wahli die drei Grate mit rund 70 Seillängen und über 1.500 Klettermeter in unter sechs Stunden – und das als Team.

Wir wussten aus gemeinsamen Touren, dass wir als Team schnell und effizient klettern. Bei der Salbit-Trilogie konnten wir diese Fähigkeit in die Tat umsetzen.

Yannick Glatthard
Der Salbitschijen mit seinen drei Graten, die sich in alle Himmelsrichtungen ziehen. Foto: Diego Schläppi
Der Salbitschijen mit seinen drei Graten, die sich in alle Himmelsrichtungen erstrecken. Foto: Diego Schläppi

Timing und Taktik

Als Bergführer und Kletterer kennt Simon Wahli das Gebiet sehr gut, er hat die Grattouren schon mehrmals geklettert oder Gäste auf die Türme geführt. Für Yannick waren vor allem die Grattouren neu und so beschlossen sie, am 2. und 3. Oktober alle drei Touren zu klettern und zu sehen, ob sie eine Chance auf eine neue Bestzeit haben.

Am Montag, 2. Oktober, kletterten Simon und Yannick den gesamten Ostgrat und die obere Hälfte des Südgrates, und zwar von der Zahnscharte bis zur Nadel. Der Dienstag, 3. Oktober, war dem Salbit-Westgrat gewidmet. Dieser ist in Bezug auf Schwierigkeit, Länge und technische Anforderungen der anspruchsvollste. Gleich im Anschluss wurde der untere Teil des Südgrates geklettert.

Für die heiklen Kletterpassagen wurde im Vorfeld Technik und Strategie besprochen und festgelegt, um später die maximale Sicherheit bei minimalem Zeitverlust sicherzustellen.

Die Erstbesteigungen am Salbitschijen (2.981 m)

Der Salbit überragt das Göschener Tal und die Voralp mit seinen drei mächtigen Graten, die nach Westen, Süden und Osten ausgerichtet sind. Als erster und leichtester Grat (IV-V) wurde der Ostgrat 1920 vom Aargauer Arzt und passionierten Bergsteiger Hugo Müller zusammen mit seinem Gefährten August Müller über die „Müller Route“ bestiegen.

15 Jahre später, am 19. August 1935, gelang den drei jungen Zürchern Alfred und Otto Amstad sowie Guido Masetto in rund zehn Stunden die Erstbesteigung des Südgrates (VI+). Der Westgrat (VII+) mit über tausend Klettermetern und 33 Seillängen über sechs Granittürme wurde 1948 von Louis Henchoz, Betty und Ernest Favre erstbegangen. Sie benötigten dafür drei Tage.

Teamwork und Technik

Am 6. Oktober verliessen Yannick Glatthard und Simon Wahli die Salbithütte und nahmen nach rund 40 Minuten Zustieg als erstes den Westgrat in Angriff. Über diesen Grat mit seinen sechs Türmen kletterten die beiden simultan und wechselten jeweils in den Scharten die Führung. Nach einer Stunde und 52 Minuten standen sie bereits auf der Gipfelnadel und waren damit die erste Seilschaft, die den Grat unter zwei Stunden kletterte. 

Zügig seilten sie sich über die Südwand in die Zahnscharte des Südgrates ab. Von dort waren es nochmal zwei Abseilstellen und ein kurzer Fußmarsch zum Einstieg des zweiten Grates. Auch diesen kletterten sie simultan, wobei Simon den Anfang bis zur Zahnscharte machte und Yannick den Rest bis zur Gipfelnadel im Vorstieg war. In der Abseilstelle von der Gipfelnadel ließen sie ein Seil zurück, um später Zeit zu sparen und weil sie den Ostgrat seilfrei klettern würden, mit Ausnahme der Schlüsselpassage. Um dieselbe Strecke zu klettern wie Dani Arnold, wählten sie den Originaleinstieg zum Ostgrat, der etwas höher liegt als der Direkteinstieg. 

Gegen Ende des Ostgrates merkte man Yannick die Erschöpfung an, während Simon wusste, dass er im Abstieg noch einmal alles geben musste. Die individuellen Stärken der beiden Kletterer – Simon ist im Aufstieg und Yannick im Abstieg schneller – spielten das Duo auch im Endspurt aus.

Um 13.48 Uhr, nach fünf Stunden und 53 Minuten, waren Simon und Yannick nach einem emotionsgeladenen Rennen über die Geröllhalden wieder in der Hütte.

Zwischen Seilschaft und Freundschaft

Eine langjährige Freundschaft als Grundlage. Foto: Diego Schläppi
Eine langjährige Freundschaft als Grundlage. Foto: Diego Schläppi

Die beiden verbindet eine langjährige Freundschaft und zahlreiche gemeinsame Touren. Sie kennen sich seit 15 Jahren und waren als Jugendliche im selben Kletterteam. Später kletterten sie ihre ersten gemeinsamen Touren in den Wenden, wie Elefantenohr und Jednicka und merkten schnell, dass sie sich in diesen psychisch anspruchsvollen Klettereien gegenseitig ergänzten und moralisch gut unterstützen konnten. So nahmen sie weitere grosse Touren in den Dolomiten in Angriff, wie die Winterbegehung vom „Weg durch den Fisch“ an der Marmolada oder die Überschreitung von Ost nach West der Drei Zinnen, ebenfalls im Winter. 

Simon und Yannick betonen, dass sie dieses Projekt allein nicht angegangen wären. Von der Idee zur Umsetzung hatten sie alles gemeinsam besprochen und geplant. Für sie war es von Anfang ein Teamprojekt und entsprechend sollte es auch als Team ausgeführt werden. Das Besondere an dieser Speedbegehung ist daher vor allem die Umsetzung im Team, die zeigt, wie viel man gemeinsam erreichen kann.

Tourentipp: Salbit Südgrad via alpenvereinaktiv.com

Quelle: Pressmitteilung Black Diamond; Fotos: Diego Schläppi