Bohrhaken: Sichere Sache?
Vermutlich schlendern die meisten von uns zu einer Sportkletterroute, binden sich ein und starten los, ohne sich allzu viele Gedanken über Bohrhaken, Laschen, Verankerungen oder fest installierte Ausrüstung (zum Beispiel fixe Expressschlingen) zu machen.
Kürzlich versuchte meine Frau Ellen Powick eine Route in einem nahegelegenen Klettergarten und stürzte nur knapp über einem ganz normalen Bohrhaken. Dann schrie sie auf (äußerst ungewöhnlich), da sie weiter stürzte als erwartet, wobei sie glücklicherweise nicht auf dem Vorsprung weiter unten aufschlug. Es ging ihr gut, aber wir waren alle verunsichert über das, was gerade passiert war.
Es stellte sich heraus, dass sich wahrscheinlich die Mutter des Bohrhakens gelöst hatte, sodass sie sich schon fast am Ende des Gewindes befand. Die leicht nach hinten gerichtete Kraft des Sturzes löste die Mutter, was dazu führte, dass die Lasche und die daran befestigte Expressschlinge beim Sturz am Seil hinabrutschte und Ellen am Unterarm traf.
Zum Glück war es nicht ihr Gesicht! Der nächste Bohrhaken hatte sie aufgefangen. Nachdem sie wieder am Boden war und der Schreck nachgelassen hatte, fragte ich sie, ob sie beim Klettern oder vor allem beim Auschecken einer Route die Laschen, Muttern oder Bohrhaken überprüft. Sie sah mich an und sagte ruhig: „Offensichtlich diesmal nicht!“
Online-Artikel: Kritische Bohrhaken erkennen und beurteilen. Die DAV-Sicherheitsforschung untersuchte 148 fragwürdige Bohrhaken. Ergebnisse und Tipps für die Praxis.
Nur wenige Wochen später versuchte Bill Ramsey in einem anderen Klettergarten eine stark frequentierte Route, und beinahe wäre das Gleiche passiert. Er hing an einem Bohrhaken und bemerkte, dass die Mutter kurz davor war, sich zu lösen. Vorsichtig kletterte er zum nächsten Bohrhaken, nahm einen Schraubenschlüssel und zog die lockere Mutter darunter an.
Die Frage ist also, was ist richtige Herangehensweise an eingebohrte Sportkletterrouten – Routen, deren Absicherung viele von uns naturgemäß als völlig „sicher“ betrachten.
Überprüfen die meisten Kletterer die Bohrhaken, Laschen und fixen Karabiner usw. in Sportkletterrouten?
Wer zieht lose Muttern fest oder informiert die örtlichen Klettervereine, wenn beim Klettern verdächtige Sicherungen entdeckt werden? Wir beschlossen, uns bei einer Handvoll Freunden und Black Diamond-Athleten umzuhören und sie nach ihrer Meinung zu fragen.
Hazel Findlay über erste Bohrhaken und fixe Exen
„Ich überprüfe zumindest die ersten Bohrhaken in einer Route, aber wenn ich sehe, dass sie noch neu oder geklebt sind, überprüfe ich die anderen eher nicht, vor allem nicht, wenn ich onsight unterwegs bin“, berichtet sie. Wir fragten auch, ob sie einen Schraubenschlüssel in ihrem Rucksack hat, um lose Bohrhaken festzuziehen. „Manchmal“, sagt sie. „Wir haben einen im Van und nehmen ihn mit, wenn wir meinen, dass es notwendig ist.“
Wenn es darum geht, verdächtige Bohrhaken zu melden, hängt es wohl davon ab, wo sie klettert. „Es hängt davon ab, wo ich bin und wie schlimm es ist, aber ich habe noch keine schlechten Erfahrungen gemacht. Normalerweise überlegt man, ob diese Bohrhaken bald ersetzt werden sollten, verlässt sich dann aber eher darauf, dass sie noch sicher sind.“
„Ich denke auch, dass es wichtig ist, fixe Quickdraws zu überprüfen. Oft sind die Karabiner extrem scharfkantig oder das Gurtband ist stark abgewetzt.“
Daila Ojeda: Das Prüfen ist eine Selbstverständlichkeit
„Ich überprüfe Bohrhaken, weil ich schon immer mit Leuten geklettert bin, die in Sportklettergebieten Routen einbohren oder sanieren, und die sich der Gefahren bewusst sind. Also bin ich es gewohnt, sie zu überprüfen“, erklärt sie. „Ein Freund, der viel einbohrt, hat mir einen kleinen Schraubenschlüssel für meinen Rucksack geschenkt. Und ich muss sagen, dass er schon oft im Einsatz war“, fügt sie hinzu. In manchen Gebieten lassen die Leute, die die Routen eingerichtet haben, irgendwo am Fels einen Schraubenschlüssel zurück, den man bei Bedarf benutzen kann.“
Was das Melden potenzieller Probleme angeht, so hält es Daila für notwendig, sich direkt an die Quelle zu wenden. „Ich finde heraus, wer die Routen, die ich klettere, eingebohrt hat. Wenn es ein Problem mit der Route gibt, wende ich mich normalerweise direkt an diese Person oder alternativ an einen Kletterverein. Das ist sehr wichtig, denn wir sind eine Gemeinschaft und müssen uns um unseren „Spielplatz“ kümmern.“
In den Kletterhallen gibt es Leute, die sich um Sicherheit, Sauberkeit usw. der Wand kümmern. Am natürlichen Felsen ist das unsere Aufgabe.
Babsi Zangerl: Der Albtraum sind rostige Bohrhaken
„Das Gleiche ist mir auch schon in einer Route passiert“, sagt Babsi. „Die Lasche war locker und löste sich im Vorbeiklettern. Als ich stürzte, war das ein seeeeehr weiter Sturz. Vor diesem Erlebnis hatte ich noch nie irgendwelche Bohrhaken überprüft.“
Ich ging einfach davon aus, dass sie bombenfest sind. Inzwischen überprüfe ich sie sehr häufig.
Babsi nimmt einen Schraubenschlüssel für lange Mehrseillängenrouten mit, aber nicht zum Sportklettern. „Am Fels versuche ich oft, die Mutter mit den Fingern festzuziehen.“
In Sportkletterrouten sind für Babsi rostige Bohrhaken der eigentliche Albtraum.„Im Val di Mello hatte ich ein Erlebnis in einer sehr alten Route“, sagt sie. „In den ersten Tagen in der Wand freute ich mich über die vielen Bohrhaken und fühlte mich ziemlich sicher, so dass ich einige weite Stürze riskierte. Nachdem ich eine Weile in dieser Route unterwegs gewesen war, fragten die Erstbegeher, ob wir ein paar Bohrhaken austauschen könnten, und das hat mir die Augen geöffnet. Nach genauerer Betrachtung der Bohrhaken war ich nicht mehr so blauäugig. Statt sorglos zu klettern, war ich jetzt besonders aufmerksam!“
Seb Bouin: Die wichtigsten Bohrhaken kontrollieren
Da Seb Bouin verbringt viele Tage in der Saison mit dem Einbohren von Sportkletterrouten. So hat er, genauso wie die anderen starken Sportkletterinnen und Sportkletterer, ein grundlegendes Verständnis für die Absicherung mithilfe von Bohrhaken entwickelt. „Weil ich selber Routen einbohre, bin ich es gewohnt, die Bohrhaken in meinen Projekten zu überprüfen“, erklärt er. „Meistens kontrolliere ich nur die wichtigsten Bohrhaken.“
Ich kontrolliere also solche Bohrhaken, bei denen man auf den Boden fallen würde, wenn sie versagen.
Für Seb ist es hilfreich, ein Grundverständnis für die Funktionsweise von Spreizankern zu haben. „Ich denke, es ist schwer, einen Bohrhaken zu überprüfen, wenn man noch nie einen gesetzt hat oder zumindest nicht weiß, wie er funktioniert“, sagt er.„Es ist wirklich schwierig, die Integrität des Bohrhaken in dem Bereich zu bewerten, den man nicht sehen kann. Wenn der Bohrhaken von außen schlecht aussieht, ist er schlecht. Aber manchmal sieht er von außen gut aus und ist innen völlig zerstört“.
Für Seb besteht der erste Schritt zur Sicherheit in der Aufklärung. Und unbedingt alles melden, was verdächtig aussieht. Aber wem? Seb sagt, dass die einheimischen Kletterer eine gute Möglichkeit sind. „Wenn man am Fels einen schlechten Bohrhaken findet, wendet man sich am besten an die Einheimischen. Meistens wissen sie, wer die Route eingebohrt hat, oder welchen Verein man kontaktieren kann. Und wenn man sich mit Einbohren auskennt, kann man sogar den ursprünglichen Routenschrauber oder Erstbegeherum Erlaubnis bitten, den Bohrhaken selbst auszutauschen.“
Abschließend weist Seb darauf hin, dass die Verwendung moderner Hardware das Problem loser oder defekter Bohrhaken und Laschen lösen könnte. „Meiner Meinung nach ließe sich diese Art von Problemen am besten durch die Verwendung von geklebten Bohrhaken vermeiden“, erklärt Seb. Sie haben eine längere Lebensdauer und man umgeht das Problem, dass sich die Mutter lösen könnte.
Will Gadd: Salzwasser, Nässe und Rost
Apropos Klebehaken – Mr. Will Gadd, ein alter Hase, nimmt in jedes neue Klettergebiet ein gewisses Maß an Misstrauen mit, selbst wenn die Bohrhaken tadellos aussehen. „Selbst wenn es alles glänzende Klebehaken sind, achte ich auf Veränderungen“, sagt er. „Wenn etwas seltsam aussieht, nehme ich das durchaus ernst. Das gilt vor allem für ältere Routen. Meeresklippen, Wasser, Anzeichen von Rost oder physischen Schäden – all das bedeutet für mich, dass man genauer hinschauen sollte.“
Was die sich drehenden Laschen angeht, hat Gadd einen kleinen Trick parat: „Wenn ich eine lockere Mutter finde, kann ich sie oft mit Hilfe der Schlitze in meinem ATC so anziehen, dass es gerade fest genug ist.“ Außerdem sagt er: „Wenn ich auf etwas Verdächtiges stoße, poste ich es normalerweise in den sozialen Medien auf der Facebook-Seite der betreffenden Gemeinschaft (TABVAR hier in Canmore, aber es gibt viele ähnliche Gruppen weltweit).“
Ein Schlusswort
Am Ende des Tages ist es vermutlich immer sinnvoll, einen Blick auf die Laschen und Bohrhaken zu werfen und auch an Ständen und fixen Quickdraws auf scharfkantige Karabiner oder abgenutztes Gurtband zu achten.
Ausrüstung nicht ewig hält – auch nicht beim Sportklettern. Prüf nicht nur deinen Knoten, sondern schau dir auch die Bohrhaken und andere Hardware in der Route an. Wenn du fragwürdige Ausrüstung siehst, tausch sie aus oder wende dich an den Alpenverein. Gleichzeitig lohnt es sich wahrscheinlich, einen Schraubenschlüssel im Rucksack zu haben, damit lockere Muttern leicht wieder festgezogen werden können.
Quelle: Pressemitteilung Black Diamond