Die Schneebibel – jetzt digital und kostenlos
Es ist eines der ersten Bücher über Schneeforschung, wenn nicht gar das erste. Jetzt ist es digitalisiert und hier frei zugänglich: «Der Schnee und seine Metamorphose» aus dem Jahr 1939. Darin haben die Autoren «Erste Ergebnisse und Anwendungen einer systematischen Untersuchung der alpinen Winterschneedecke» publiziert, so der Untertitel des 397 Seiten umfassenden Werks.
Forscher hatten zuvor in den Jahren 1934 bis 1938 zahlreiche Experimente an der Station Weissfluhjoch – Davos der Schweizer Schnee- und Lawinenforschungskommission durchgeführt, dem Vorläufer des SLF. Die Station ist heute noch in Betrieb. Im Winter messen Forschende dort täglich zahlreiche Werte.
Zwar hatten bereits zuvor andere Autoren Bücher über Schnee veröffentlicht. «Der große Unterschied im Vergleich zu früheren Werken sind die systematischen Feld- und besonders Laborversuche», weiß Martin Schneebeli, kürzlich pensionierter Leiter der Forschungseinheit Schnee und Atmosphäre am SLF. Das Buch sei stark naturwissenschaftlich geprägt.
Davor hatten Forschende lediglich ihre Beobachtungen niedergeschrieben. Jetzt beruhten die Erkenntnisse erstmals auf Experimenten, unter anderem im Kältelabor. Die sechs Autoren hatten einen unterschiedlichen Hintergrund. Geeint hat sie ihr Interesse für Schnee. «Sie haben das Thema ausgehend von der Kristallstruktur bis zu großskaligen, geologischen Phänomenen bearbeitet», sagt Schneebeli. Unter anderem haben sie die erste vollständige Energiebilanz der Schneedecke gemessen.
Das spannende daran: Die Autoren haben bereits damals die meisten grundlegenden Prinzipien beschrieben. Zu Schneebelis Favoriten gehört die Beschreibung, wie sich in kalten Nächten an steilen, grobblockigen Hängen feuchte, relativ warme Luft durch verschiedene Schneeschichten nach oben bewegt und dort Eisblasen bildet. Interessant sind auch die Bilder von Messgeräten, die teilweise überraschend modern aussehen, obwohl sie bereits vor rund 90 Jahren im Einsatz waren.
Erstmals hatten Wissenschafter zudem untersucht, was Lawinen auslöst und welche Prozesse dabei ablaufen. «Neu war auch die Analyse der Mikrostruktur von Schneekristallen und wie deren Kristalle orientiert sind», weiß Schneebeli. Das führte unter anderem zu detaillierten Fotografien einzelner Schneeflocken und deren Metamorphose unter verschiedenen Bedingungen.
Der Petrograph Henri Bader schrieb im Nachwort zu seinem Kapitel: «Auf Grund der bisherigen Erfahrungen darf man glauben, dass sich die Schneeforschung weitgehend zu einer exakten Wissenschaft ausbauen lassen wird.» Tatsächlich hat er aus heutiger Sicht an einer Art Bibel der Schneeforschung mitgewirkt, ist sich Schneebeli sicher: «Vieles gilt noch heute, manches ist überholt, aber es ist sicherlich ein Buch, dass man als Schneeforscher gelesen haben muss, um zu sehen, wo alles angefangen hat.»
Metamorphose – Ursprung und Bedeutung
Der Begriff Metamorphose stammt ursprünglich aus der griechischen Mythologie und bedeutet Verwandlung. Die Sagenwelt der Antike kennt viele Beispiele, in denen sich Götter, Menschen oder mythische Wesen verwandeln oder verwandelt werden, beispielsweise in Tiere, Pflanzen oder Felsen.
Der römische Dichter Ovid beschreibt in seinem Werk «Metamorphosen» rund 250 solcher Verwandlungen. Im heutigen Sprachgebrauch ist die Metamorphose ein Synonym für Gestaltwechsel, Formveränderung, Umformung, Umbildung, Umgestaltung – und nach wie vor Verwandlung.
Alle Bilder auf dieser Seite sind dem Buch „Der Schnee und seine Metamorphose“ entnommen.