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GriGri und die Physik. Screnshot: Hard is Easy / YouTube
19. Jun 2023 - 3 min Lesezeit

Ist das GriGri-Problem wirklich so groß?

Ein Video, in dem demonstriert wird, wie das GriGri in einer bestimmten Situation nicht blockiert, macht derzeit in den sozialen Medien die Runde. Ein YouTuber zeigt darin, dass der Blockiermechanismus des GriGri unter bestimmten Umständen nicht greift, wenn das Bremsseil nicht festgehalten wird. Wie relevant ist diese Problematik in der Praxis tatsächlich?

1. Das Video

2. Das Problem

Das Problem ist nicht neu und beschränkt sich nicht nur auf das GriGri, sondern (fast) alle halbautomatisch wirkenden Sicherungsgeräte. Wenn das Führungsseil in einem sehr steilen Winkel, sprich senkrecht nach oben, aus dem Sicherungsgerät läuft und kein Gegenzug auf dem Bremsseil ist, blockiert das Gerät möglicherweise nicht.

Die Situation ist noch ungünstiger, wenn der Sturzzug nicht ruckartig am Gerät ankommt, sondern das Seil zunehmend beschleunigt wird, wenn es bereits begonnen hat durch das Gerät zu laufen. In der Praxis kann diese Situation nur entstehen, wenn leichte Personen im Toprope gesichert werden oder wenn beim Vorstieg die sichernde Person direkt unter der ersten Zwischensicherung steht, viel Reibung in der Sicherungskette vorhanden ist und eben das Bremsseil nicht festgehalten wird.

3. Die Lösung

Die Lösung für dieses Problem ist auch nicht neu, heißt „Bremshandprinzip“ und ist das oberste Gebot beim Sichern! Wie in dem Video auch gezeigt wird, reichen einige hundert Gramm Zug auf dem Bremsseil, um das Blockieren des GriGri zu gewährleisten. Am einfachsten kann das Bremshandprinzip bei allen marktüblichen Sicherungsgeräten gewährleistet werden, wenn mit der sogenannten „Grundmethode“ (Abb. 1 oder 2) gesichert wird.

Die Bremshand umschließt dabei das Bremsseil und schiebt es von unten in das Sicherungsgerät, während es die Führungshand oben aus dem Gerät herauszieht. Hier ist das oben beschriebene Problem sogar von Vorteil: solange kein Gegenzug auf dem Bremsseil ist, kann das Führungsseil auch schnell aus dem Gerät gezogen werden, ohne dass dieses blockiert.

Es ist also durchaus möglich schnell Seil auszugeben ohne dass das Gerät blockiert. Bei dickeren Seilen oder sehr schnellem Seilausgeben stößt diese Methode an ihre Grenzen und wir müssen beim GriGri auf die sogenannte Gaswerkmethode zurückgreifen. Die Crux dabei ist, dass das Bremshandprinzip mit drei Fingern gewährleistet bleibt, während der Zeigefinger der Bremshand das Gerät fixiert und der Daumen auf den Klemmnocken drückt (siehe Abbildungen und Video unten).

Das Seil durch die drei Finger laufen zu lassen und es trotzdem kontrolliert festzuhalten erfordert etwas Gefühl und Übung. Sobald das schnelle Seilausgeben beendet ist sollte wieder in die Grundmethode gewechselt werden.

4. Die Praxisrelevanz

Das Video kann einerseits als eindringliche Warnung an alle gesehen werden, die zu viel Vertrauen in ihr halbautomatisches Sicherungsgerät legen und deshalb das Bremshandprinzip missachten. Andererseits zeigt es, dass der Teufel bei der Gaswerkmethode im Detail steckt und bestätigt alle, die diese Methode sehr akribisch anwenden, vermitteln und andere Sichernde auf Fehler dabei hinweisen.

Wirklich neue, praxisrelevante Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen lassen sich aus dem Video nicht ableiten. Die dargestellten Situationen sind in der Praxis so gut wie auszuschließen, wenn korrekt gesichert wird. Wie das geht zeigt das folgende Video:

5. Grigri Do’s & Don’ts

Don’ts

  • das Bremsseil nicht festhalten, sondern nur locker durch die Hand laufen lassen
  • das GriGri mit Zeigefinger und Daumen umklammern
  • das GriGri an der Geräteunterseite festhalten
  • bei einem Sturz das Führungsseil festhalten

Do’s

  • Bremshandprinzip!
  • vorwiegend mit der Grundmethode sichern
  • auch bei der Gaswerkmethode das Bremshandprinzip einhalten
  • wieder in die Grundmethode zurückwechseln, anstatt in der Gaswerkmethode zu verharren
  • bei einem Sturz die Führungshand vom Führungsseil nehmen