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Jonas Schild in der Route Joy Division

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06. Aug. 2025 - 3 min Lesezeit

Jonas Schild gelingt Joy Division (8b) im Val di Mello

Im Juni dieses Jahres gelang Jonas Schild gemeinsam mit Thomas Schmid eine freie Begehung der Route Joy Division (Variation) am Torrione Qualido im Val di Mello (Italien). Die 800 m hohe Granitwand gehört zu den anspruchsvollsten Big-Wall-Zielen Europas und wird hinsichtlich Ausmaß, Stil und Ernsthaftigkeit nicht selten mit El Capitan verglichen. Schild konnte alle Seillängen sturzfrei klettern, darunter auch zwei Passagen im oberen 8. Franzosengrad.

Die Linie Joy Division ist eine Kombination dreier bestehender Routen, die 2004 von Simone Pedeferri in mehreren Etappen erstmals begangen wurde. Durchgehende Begehungen sind wenig bekannt. Unter anderem gelangen solche Begehungen James Pearson sowie dem Team Zangerl/Larcher, deren Strategie als Orientierung für den aktuellen Versuch diente.

Jonas Schild und Thomas Schmid am Fuße ihres Projekts Joy Division
Foto: Diego Schläppi

Herausforderungen und Vorbereitung

Zunächst verbrachten die beiden drei Tage in der Wand, in denen sie die ersten neun Seillängen mit Schwierigkeiten bis 8b erkundeten. Bereits in der ersten Vorbereitungsphase wurden die Herausforderungen der Route deutlich:

Die Südostausrichtung der Wand führt in den Sommermonaten zu starker Sonneneinstrahlung bis in den frühen Nachmittag, was insbesondere in den technischen Plattenstellen des unteren Wanddrittels das Klettern erheblich erschwert. Nach den Erkundungstagen entschieden sich Schild und Schmid daher, die Begehung auf zwei Tage mit Portaledge-Übernachtung aufzuteilen: Die Kletterzeit ist auf die frühen Morgenstunden gelegt, mittags wird im Portaledge pausiert, und ab Nachmittag bis in den späten Abend wird weitergeklettert.

Pause im Portaledge
Foto: Diego Schläppi

Die finale freie Begehung

Am frühen Morgen des 12. Juni startete das Team nach einem Ruhetag vom Biwak unterhalb der Wand mit der freien Begehung. Schild gelang die 1. Seillänge (8b) bereits beim ersten Versuch. Aufgrund eines Sturzes und der zunehmenden Hitze gab Thomas Schmid seine eigene Freikletterambition zugunsten des Teams auf.

Topo der Route Joy Division am  Torrione Qualido
Foto: Diego Schläppi

Sie hielten jedoch an ihrer Taktik fest, die sie von den renommierten Big Wall Kletterern Babsi Zangerl und Jacopo Larcher übernommen hatten: Längen über 8a werden im Vorstieg geklettert, darunter erfolgt der Wechsel im Vorstieg. Insgesamt stieg Schild bei dieser Begehung in 14 der 20 Seillängen vor. Am ersten Tag kletterten sie bis zu Seillänge sieben, wobei sie die zweite Schlüsselstelle (8b) noch bewältigten.

Jonas Schild in der Route Joy Division
Foto: Diego Schläppi

Die ersten beiden Schlüssellängen (8b und 7b+) meisterte das Team entsprechend am ersten Tag, ebenso weitere technisch anspruchsvolle Passagen zwischen 7a und 7b+. Am Ende des ersten Tages wurde das Portaledge am Standplatz der siebten Länge eingerichtet.

Am Folgetag setzten sie den Aufstieg früh morgens fort. Die beiden entschieden sich – analog zur Begehung von Zangerl/Larcher – ab der 10. Seillänge in die benachbarte Route Con un piede in paradiso zu wechseln, um grasdurchsetzte Originalpassagen zu umgehen.

Nach einer erneuten langen Mittagspause im Portaledge und sorgfältigem Erkunden gelang Schild um 16:00 Uhr eine sturzfreie Begehung der 11. und letzten schwierigen Länge, die mit 8a (6b+/A1) bewertet ist.

Im Anschluss setzten sie ihren Aufstieg unter teils alpinen Bedingungen fort. Nach der 13. Seillänge querten sie in zwei Seillängen in die Route «Melat». Dank der Fixierung eines Seils war es möglich, auf der gleichen Linie abzuseilen, um zum zurückgelassenen Portaledge am Start der 11. Seillänge zurückzugelangen. Die letzten fünf Seillängen meisterten sie ohne größere Schwierigkeiten, und mit den letzten Sonnenstrahlen erreichten sie den Gipfel.

Danach seilten sie in der Dunkelheit ab und verbrachten eine weitere Nacht im zurückgelassenen Portaledge, um den Rest am nächsten Morgen abzuseilen.

imposante Felswand am Torrione Qualido
Foto: Diego Schläppi

Insgesamt verbrachten die beiden fünf Tage in der Wand – inklusive Erkundung und finaler Begehung, die Ruhetage sind dabei nicht einkalkuliert.

Fazit

„Diese Erfahrung war eine der prägendsten meiner Kletterkarriere. Die Kombination aus intensiven Klettermomenten über so viele Seillängen in einer atemberaubenden Landschaft und die notwendige Teamarbeit haben dieses Erlebnis einzigartig gemacht.“

Jonas Schild

Ohne die geniale Unterstützung von Thomas wäre diese Leistung nicht möglich gewesen. Ein weiterer spezieller Dank gilt Niccolo Bartoli, der sein Portaledge ausgeliehen hat, sowie Babsi und Jacopo für die hilfreichen Last-Minute-Tipps. Ich freue mich bereits jetzt auf den nächsten Ausflug ins Val di Mello.

Mehr Klettererfolge von Jonas Schild auf seinen Instagram Account.