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Heli der Air Zermatt. Foto: Kevin Schmid
04. Jul 2022 - 6 min Lesezeit

Richtig versichert in den Bergen: 3 wichtige Hinweise

Trotz aller Expertise und Vorbereitungen sind Ausflüge in die Berge stets mit einem Restrisiko behaftet. Sollte wirklich etwas passieren, dann kommt es schnell zu einem Einsatz der Bergrettung – auch wenn es sich nur um eine kleine Wanderrunde auf die nächste Alm handelt. Eine Rettungsaktion kann allerdings schnell hohe Kosten verursachen. Welche Versicherungen etwaige Rettungskosten decken und wie man eine solch prekäre Lage am besten verhindert?

Am Berg: Rettung oder Bergung?

Wenn es um relevante Versicherungen für den Bergsport geht, so ist es zunächst wichtig, zwischen Rettung und Bergung zu unterscheiden:

  • Ist es medizinisch unabdingbar, dass die Bergrettung ausrückt, so handelt es sich um eine tatsächliche Rettungsaktion.
  • Kommt man auf dem Berg nicht mehr vor oder zurück, weil man sich etwa auf abgelegenes Gelände begeben hat, so wird man mit einer Bergung aus der misslichen Lage geholt.

Es besteht allerdings der Irrglaube, dass sowohl Rettung als auch Bergung in vollem Umfang von der Krankenkasse übernommen werden. Denn für offensichtlich selbstverschuldete Situationen, die eine Bergung nötig machen, kommt in der Regel weder die gesetzliche noch die private Krankenversicherung auf.

Das Um und Auf: die richtige Selbsteinschätzung

Es gibt viele Situationen, in denen die Bergrettung ausrücken muss: Ein verstauchter Knöchel verhindert ein Weitergehen genauso wie ein schwerer Herzinfarkt – dabei ist es gar nicht so wichtig, ob es sich um eine Wanderung auf die Alm am Hausberg oder eine hochalpine Trekkingtour handelt. Das Restrisiko für eine Verletzung bleibt und dabei führt kein Weg an einer Rettung vorbei. In dieser Situation deckt die Krankenkasse die Kosten für die Rettung und die Behandlung.

Entscheidend ist es, sich selbst und die eigenen Fähigkeiten genau zu kennen und einzuschätzen, um gar nicht erst auf eine Bergung angewiesen zu sein. Eine realistische Selbsteinschätzung sowie Kenntnis zu den Schwierigkeitsstufen sollten Bergsportler und -sportlerinnen immer mitbringen, immerhin passieren die meisten Alpinunfälle aufgrund des Faktors Mensch.

Die UIAA-Skala ist eine Schwierigkeitsskala fürBergsteiger und Kletterer, die vorrangig in Europa Verwendung findet.

Jedoch sollte man nicht blind auf eine Zahl vertrauen, denn die Schwierigkeitsstufe ist nicht gleichbedeutend mit einem zu erwartenden Risiko. Viel eher ist es so, dass schwerere Touren in der Regel besonders gut gesichert sind und somit kein übermäßiges Risiko mit sich bringen, wenn man die nötigen Voraussetzungen in Sachen Fitness und Fähigkeiten erfüllt. Ein hohes Risiko ergibt sich mit entsprechender Selbstüberschätzung.

Helicopter der Südtiroler Rettungsorganisation Auit Alpin Dolomites beim Rettungseinsatz in der Nacht. Foto: Josef Stauder

Welche Versicherungen greifen bei Bergsportunfällen?

Wie bereits erwähnt, die gesetzliche (und private) Krankenversicherung deckt in der Regel die nötigen Rettungs- bzw. Transportkosten und die Kosten für die Behandlung der Verletzung. Relevant ist die Tatsache, ob die Rettung medizinisch notwendig war oder es sich um eine Bergung handelte. Auch ist es wichtig, zu wissen, dass der Versicherungsschutz im Ausland nicht gegeben ist und man sich für Reisen mit einer Auslandskrankenversicherung extra versichern sollte.

Hier kommen weitere Versicherungen ins Spiel, die für Bergsportler und Bergsportlerinnen sinnvoll sein können:

1. Die Unfallversicherung

Ist die Rettung am Berg medizinisch nicht notwendig, so muss man für die Kosten der Bergung aufkommen. Mit einer Unfallversicherung als Zusatz zur Krankenversicherung sichert man sich auch für diesen Fall ab. Wichtig ist es aber, genau hinzusehen und die Leistungen der Versicherungsinstitutionen umfassend zu vergleichen, denn Versicherungshäuser bieten unterschiedliche Konditionen zu verschiedenen Tarifen an.

Die Unfallversicherung sollte auf jeden Fall Rettung sowie Bergung decken. Der Begriff „Unfall“ sollte idealerweise auch weit gefasst sein.

Absolut essenziell ist es auch, genau zu hinterfragen, welche Art Bergsport versichert ist, denn diverse Institutionen versichern etwa nur bis zum UIAA Schwierigkeitsgrad 5 oder 6, da höhere Schwierigkeitsgrade in den Bereich Extremsport fallen. Hier gilt es, einerseits zu klären, was der Anbieter unter Extremsport versteht und andererseits den Versicherungsschutz an die eigenen Bedürfnisse anpassen zu lassen. Auch kann im Zuge der Beratung das Argument vorgebracht werden, dass schwierigere Touren in der Regel besser gesichert sind.

Es gibt auch die Unfallversicherung explizit für den Freizeitsport, die darauf abzielt, Sportunfälle aller Art zu versichern. Diverse Flugsportarten und Aktivitäten wie Skydiving bleiben unter Umständen trotzdem außen vor, Bergsteigen und Klettern in allen Schwierigkeitsstufen sind aber in der Regel im Schutz mitinbegriffen.

Achtung: Vorsicht ist bei Klauseln wie etwa „Schäden, welche die versicherte Person vorsätzlich oder grob fahrlässig durch Außerachtlassung grundlegender, allgemein anerkannter Regeln des Bergsteigens herbeiführt“ geboten. Solche Zusätze sollte man sich vor Abschluss genau erklären und bestätigen lassen, sodass sich Anbieter nicht aus der Verantwortung ziehen können.

2. Die Berufsunfähigkeitsversicherung

Verletzt man sich beim Sport so schwer, dass es nicht mehr möglich ist, dem Job nachzugehen, dann ist es ein großer Vorteil, eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu haben. Sie zahlt eine monatliche Rente, wenn die Ausübung des bisherigen Berufes nicht mehr möglich ist. Auch hier ist ein Kostenvergleich sowie ein genauer Blick auf die Leistungen essenziell, denn Versicherer können sich das Recht sichern, Versicherte an einen anderen Job zu verweisen, der körperlich machbar ist.

3. Die Ablebensversicherung bzw. Risikolebensversicherung

Tritt der absolute Ernstfall ein und es passiert ein Unfall mit Todesfolge, dann gibt es die Ablebensversicherung (in Deutschland Risikolebensversicherung), die Hinterbliebene der oder des Verstorbenen finanziell absichert. Hier wird bei Abschluss die Versicherungssumme festgelegt, die der Familie bzw. Partner*in ausbezahlt wird.

Versicherungsfragen für die Berg-Profis

Für über Alpenvereine angestellte Bergführer*innen und Bergretter*innen – also all diejenigen, die mit bergsteigerischen Aktivitäten Geld verdienen – gilt: Fragen Sie genau nach, wie Sie Ihr Arbeitgeber versichert. In der Regel haben Sie durch die Tätigkeit eine Haftpflichtversicherung bzw. eine Berufshaftpflichtversicherung, die bei Schadensersatzansprüchen greift.

Sind Sie als privater Bergführer tätig, so ist es unabdingbar, dass Sie sich genau beraten und Ihren Versicherungsschutz explizit auf Ihre Tätigkeiten bzw. Ansprüche abstimmen lassen. Gerade Freiberufler, die sich mit ihrer Leidenschaft etwas dazuverdienen möchten, laufen Gefahr, den Versicherungsschutz außer Acht zu lassen.

Es gibt auch eigene Unfallversicherungen für Bergführer (und Sportkletterlehrer, Bergwanderführer etc.) – diese bekommen Sie nur, wenn Sie die entsprechende Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben.

Die Alpenvereinsmitgliedschaft

Alpenvereine übernehmen im Zuge der Mitgliedschaft, für die ein vergleichsweise geringer monatlicher oder jährlicher Beitrag zu entrichten ist, die Kosten für Rettungen, Bergungen sowie Suchaktionen. Dieser Schutz gilt in der Regel auch im Ausland.

Zudem deckt eine Alpenvereinsmitgliedschaft anfallende Kosten auch, wenn die Aktion aufgrund von Fahrlässigkeit bzw. fehlerhafter Selbsteinschätzung seitens der Bergsteiger*innen notwendig ist – wie beispielsweise bei einer Blockade. Die Notwendigkeit des Einsatzes muss auf eine alpinistische Unternehmung zurückzuführen sein.

Fazit

Versicherungen wie eine auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnittene Unfallversicherung decken die Kosten für Rettung und Bergung sowie auch für diverse Behandlungen. Ein Vergleich der Leistungen, eine genaue Definition von Extremsport seitens des Anbieters sowie individuelle Schutzmaßnahmen sind bei der Wahl der besten Versicherung die wichtigsten Faktoren. Wer sich häufig im alpinen Raum aufhält, ist auch mit einer Alpenvereinsmitgliedschaft hervorragend beraten.