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COVID 19 I bergundsteigen.blog
22. Mrz 2020 - 3 min Lesezeit

COVID-19 #3: Margareth Helfer

Nachdem wir gehört haben, dass in Italien Übertretungen der ausgegebenen Dekrete zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit auch strafrechtliche Konsequenzen haben können (und in der Praxis auch so angezeigt werden), haben wir bei der Juristin nachgefragt.

#iorestoacasa, auch mit meinen Tourenskiern

Margareth Helfer ist derzeit assoziierte Professorin (Assoz.-Prof. Dr.) für italienisches Straf- und Strafprozessrecht sowie Strafrechtsvergleichung am Institut für Italienisches Recht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck. 

Margareth, wie ist deine aktuelle Situation?

Derzeit gehe ich meiner Arbeit von zu Hause aus in Brixen nach. Vorlesungen und Prüfungen werden online abgehalten – und ich muss sagen, das funktioniert erstaunlich gut. Sicher ist es schwierig, überhaupt nicht an die Uni zu können, weil der Brenner ja seit letztem Mittwoch (11. März 2020) komplett gesperrt ist. 

Tatsächlich hatten wir versucht, noch nach Innsbruck zu kommen, die Folge wäre allerdings eine zweiwöchige Quarantäne in Innsbruck gewesen. Da war die Entscheidung, doch in Brixen bei der Familie zu bleiben, natürlich naheliegend. Zum Glück hatte ich an den Tagen zuvor noch sämtliche Unterlagen vorsichtshalber in den Kofferraum verfrachtet, ahnend, dass es früher oder später zum Lockdown kommen würde.

Ich hoffe sehr, dass diese Zeit eng begrenzt bleibt, sodass wir in ein paar Wochen zumindest wieder an die Uni können, um dann doch das eine oder andere vor Ort erledigen zu können. Bis dahin werden wir die Situation trotz allem jedoch auch so gut überbrücken.

Was hat es jetzt mit diesen strafrechtlichen Konsequenzen, auch für Tourengeher, auf sich?

Bereits seit 9. März 2020 gelten für ganz Italien und somit auch für Südtirol drastische Einschränkungen der persönlichen Bewegungsfreiheit zur Eindämmung des Coronavirus. 

Das Verlassen der eigenen vier Wände ist nur in begründeten Ausnahmefällen (Arbeit, Grundversorgung) und möglichst innerhalb der Grenzen der eigenen Heimatgemeinde erlaubt. Kurze Spaziergänge und sportliche Aktivitäten sind erlaubt, sofern dies, wie z.B. Jogging nicht in der Gruppe, in der Nähe der eigenen Wohnung und zeitlich nur streng begrenzt auf die Ausübung selbst erfolgt. 

Ziel ist es, zum einen die Ausbreitung des Coronavirus damit einzudämmen, zum anderen jedoch auch, durch Einschränkung insbesondere von Freizeitaktivitäten das Risiko etwaiger Unfälle zu minimieren und somit dazu beizutragen, den Sanitätsapparat inklusive Rettungskräften nicht zusätzlich und unnötig zu belasten. Die vorhandenen Kapazitäten sollen bestmöglich für die Behandlung problematisch verlaufender Corona-Infektions-Fälle zur Verfügung stehen.

Wie sich in der Zwischenzeit gezeigt hat, sind diese oder ähnliche Maßnahmen nun auch in Österreich/Tirol und in Bayern und anderen Bundesländern getroffen worden und stellen somit auch im nationalen Umfeld keine Sonderregelung mehr dar. 

Was für Italien hingegen besonders bleibt, ist die Tatsache, dass die Missachtung der getroffenen Maßnahmen eine strafrechtliche Verantwortlichkeit zur Folge haben kann, insofern die Nichtbefolgung behördlicher Verfügungen in Italien ganz allgemein gemäß Art. 650 c.p. mit einer Haftstrafe von bis zu drei Monaten oder alternativ einer Geldbuße bis zu € 206,-  geahndet wird. 

Wer somit aktuell gegen Anti-Corona-Bestimmungen in Italien verstößt – auch durch das Ausüben riskanter Sportarten wie Skitourengehen –, riskiert, dafür strafrechtlich belangt zu werden. Wenn auch in Strafrechtskreisen derzeit die in der Notverordnung getroffenen Freiheitsbeschränkungen gerade mit Blick auf die strafrechtlichen Folgen bei Nichtbeachtung aus rein rechtlicher Sicht kritisch kommentiert werden – und es wird nach dieser Krise mit Sicherheit Gelegenheit zur Diskussion geben –, überwiegt im Moment doch ausnahmslos bei allen die Sorge um die Gesundheit und die noch nicht absehbaren wirtschaftlichen und sozialen Folgen, mit denen wir derzeit und in der näheren und ferneren Zukunft konfrontiert sein werden.

Letzten Freitag (20. März 2020) und gestern sind die Maßnahmen in Italien weiter verschärft worden. Öffentliche Grünanlagen und Promenaden sind nun für den Zutritt gesperrt, Sitzgelegenheiten im Freien und Parkbänke mit weiß-orangen Plastikbändern für die Benutzung untauglich gemacht.   

Das Gebot der Stunde lautet daher umso mehr #ichbleibezuhause #iorestoacasa.