
#alpinhacks: Abseilen mit Hilfsleinen (Rad Line & Co)
Kann man ein Einfachseil und eine 5- oder 6-mm-Reepschnur zum Abseilen verwenden?
Ja, zum Abseilen kann man auch Seile mit unterschiedlichen Seildurchmessern verwenden. Auch ein Einfachseil und eine 5- bis 6-mm-Reepschnur können verwendet werden.
Welcher Verbindungsknoten ist geeignet?

Als Verbindungsknoten reicht auch bei unterschiedlich dicken Seilen der einfache Sackstich. Selbst bei der Verbindung eines Einfachseils mit einer 6-mm-Kevlar- oder Dyneema-Reepschnur beträgt die Festigkeit des Sackstichs 4–5 kN, bevor der Knoten sich aufzieht. Diese Festigkeit am Einzelstrang liegt weit über den beim Abseilen auftretenden Kräften.
Erstens hängt man beim Abseilen ja an zwei Strängen, das heißt, nur die Hälfte der Belastung wirkt auf den Verbindungsknoten. Zweitens treten beim Abseilen am Stand lediglich Lasten von 70–150 % des Körpergewichts auf. 70 %, wenn sich der Abseilende bereits weiter unterhalb des Stands befindet und das Seil durch Reibung beim Aufliegen am Fels einen Teil der Last aufnimmt. 150 %, wenn der Abseilende nahe am Stand sehr ruckartig abseilt.
Selbst wenn man es drauf anlegt und frei hängend ein Stück durchrauscht, um dann sehr ruckartig abzubremsen, konnten lediglich Kräfte von maximal 2,5 kN am Abseilpunkt gemessen werden (vgl. Hellberg, bergundsteigen #123). Im Worst Case werden demnach etwa 1–2,5 kN am Stand wirken. Somit wird der Verbindungsknoten nur mit 0,5–1,25 kN – das entspricht 50–125 kg – belastet.
Das sind Lasten, bei denen jeder Verbindungsknoten sich „noch langweilt“. Auf keinen Fall sollte man zwei Sackstiche nacheinander auf die Seilenden knüpfen. Denn das erhöht die Gefahr eklatant, dass sich das Seil beim Abziehen am Knoten irgendwo am Fels verhängt (Abb. 1).
Die Bruchfestigkeit einer 5- bis 6-mm-Reepschnur mit einem Einfachseil kann im Übrigen nicht ermittelt werden, da der Sackstichknoten zu „rollen“ beginnt, bis die Enden durchrutschen, bevor die Bruchlast erreicht ist. Das ist der Grund, warum als Back-up die Enden des Sackstichs beim Abseilen 30 cm überstehen sollten. Selbst ein erstes Rollen stellt dann keine Gefahr dar.
Mehr Details zu Bruchfestigkeit und Materialbeschaffenheit gibt es im Artikel „Hilfsleinen“ aus bergundsteigen #67.
Muss man zwingend eine hochfeste Dyneema- oder Kevlar-Reepschnur verwenden?
Nein. Auch eine 5-mm-Polyamid-Reepschnur besitzt in Verbindung mit einem Einfachseil eine Festigkeit von 4 kN. Allerdings bietet eine herkömmliche Reepschnur wenig Komfort beim Nachziehen des Haulbags, da sie zu viel Dehnung besitzt und zudem eine deutlich geringere Kantenfestigkeit als Kevlar- oder Dyneema-Reepschnüre zeigt.
Welches Abseilgerät eignet sich?

Als Abseilgerät funktioniert das Tube. Kombiniert man ein dünnes Einfachseil mit einer Reepschnur, kann die Bremswirkung sehr gering werden, weshalb man dann zwei Karabiner unter dem Tube verwenden sollte (Abb. 2).
Was kann man machen, damit sich das Seil beim Abseilen am Stand nicht verschiebt?
Wer des Öfteren an unterschiedlich dicken Seilen abgeseilt hat, wird beobachtet haben, dass sich zu Beginn der Abseilfahrt das Seil im Abseilring verschiebt. Grund ist, dass auf das dünnere Seil im Tube eine geringere Bremskraft wirkt. Somit rutscht es nach oben in Richtung Abseilstand, während das dicke Seil beim Abseilen langsam abgezogen wird.
Das geschieht, bis entweder der Verbindungsknoten am Abseilring ansteht oder – wenn sich der Verbindungsknoten auf der Seite des dickeren Strangs befindet – bis das Seil am Fels aufliegt. In der Regel hört dieses Phänomen also nach einigen Abseilmetern auf. Seilt man komplett überhängend ab und befindet sich der Knoten auf der Seite des dicken Seilstrangs, kann das jedoch ein Problem darstellen.
Vermieden wird das Verrutschen, wenn der Knoten auf der Seite des dünnen Seils platziert wird und an der Abseilöse ansteht. Hat man das Seil bereits gefädelt und abgezogen und möchte den Verbindungsknoten nicht erneut auflösen und auf der anderen Seite des Abseilrings wieder einknoten, kann auch das Tube des zweiten Abseilendes bereits ins Seil eingelegt werden.

Die Reibung im unbelasteten Tube verhindert bereits das Verschieben der Seilstränge. Bei der zweiten Person wird dann zu Beginn der Abseilfahrt das dünne Seil vom unteren Kletterer mit der Hand festgehalten, gerade so stark, dass es nicht wandern kann, aber dem oberen das Abseilen noch ermöglicht.
Nach den ersten Metern wird dann die Reibung am Fels ein Verrutschen sowieso verhindern. Techniken mit einer Karabineraufhängung zur Fixierung des Einzelstranges am Stand, um dann am Einzelstrang abseilen zu können, sind eher problematisch. Zwar kann das Seil dabei nicht verrutschen, jedoch lässt sich das Seil durch die erhöhte Reibung oft nur schwer abziehen. Zudem kann sich ein Seil mit fixiertem Karabiner beim Abziehen leicht verhängen. Nur bei steilen Abseilern (z. B. Canyoning), bei denen das Seil sich nicht so leicht am Fels hängenbleiben kann, ist das eine gute Option (Abb. 3).
Was ist beim Abziehen zu beachten?

Abgezogen wird am besten immer an der Hilfsleine (Abb. 4). Das setzt voraus, dass der Knoten auf der Seite des dünnen Seilstrangs gelegt ist – was ja auch ein Vermeiden des oben beschriebenen Problems des Wanderns bewirkt. Denn dadurch fällt das dicke, steifere Seil runter. Zöge man am dicken Strang ab, würde die dünne Hilfsleine am Fels entlang nach unten fallen, was häufiger zum Verhängen führt und auch eine erhöhte Tendenz zum Seilverhau zeigt. Es lohnt sich also, beim Abseilen über mehrere Seillängen beim Abziehen den Verbindungsknoten immer auf der Seite des dünnen Seilstrangs anzubringen (Abb. 5).
